Patanjalis Yoga Sutras – Pada 2

Sadhana Pada

Sadhana= Übung, Praxis; Sadhaka= derjenige, der übt

Das Kapitel 2 der Patanjali Yoga Sutras heißt Sadhana Pada. Es beschreibt dich als Sadhaka (der Übende) und motiviert dich zu deiner Sadhana (Übung) – deiner Yoga Praxis. Dieser Teil der Patanjali Yoga Sutras konzentriert sich auf ganz konkrete Vorschläge, mit sehr praktischen Anweisungen, denen man folgen kann, um Hindernisse im Leben, die auch als Leidensursachen betrachtet werden (5 Kleshas), zu verringern. Sadhana Pada erklärt wie unsere Yoga Praxis diese Leiden reduzieren kann. Es gibt Einblick in die Kleshas und daß die Hauptursache allen Leidens darin besteht, daß wir im Wesentlichen vergessen haben, wer wir in unserer Essenz sind. Yoga erinnert uns an unser wirkliches Selbst, wenn wir praktizieren. Wir sind mehr als nur ein physischer Körper, meint Patanjali, mehr als unser Verstand und unsere Gedanken und mehr als unser Atem.

Unser wahres Selbst ist ewig, unendlich, immer in Fülle und in Frieden. In unserer Essenz ist alles möglich, wir haben keine Angst und wir sind genug. Dieses Nicht-Wissen oder Vergessen, wer wir wirklich sind, nennt Patanjali “Avidya” (Unwissenheit), was allen anderen Kleshas zugrunde liegt. Es ist nicht die Unwissenheit, die allgemein bekannt ist, etwas nicht mental zu wissen oder etwas nicht durch Studien gelernt zu haben, sondern es ist eben dieses tiefere essentielle Wissen, sein wahres Selbst, sein unendliches Potential, das nicht von limitierten Gedanken erfasst werden kann, zu erkennen. In diesem Wissen gibt es keine Trennung und keine Konkurrenz mehr, wir sind in Frieden. Das ist das Geschenk des Yoga und somit auch das Ende unseres Leidens. Und wie kommen wir dorthin? Patanjali ist sehr praktisch; er schenkt uns in seinen Yoga Sutren den achtgliedrigen Weg – den Ashtanga-Pfad des Yoga (Astha = 8, Tanga = Schritt). Wenn wir diese 8 Stufen, eine nach der anderen, besteigen, dann haben wir eine Chance, das Leiden in diesem Leben zu überwinden und sogar die Zyklen der Wiedergeburt (Samsara) zu durchbrechen.

  • Sutras 2.2. – 2.9. Diese Sutren beschreiben die einzelnen Kleshas genauer. Sutra 2.4. lehrt, daß avidya, die spirituelle Unwissenheit – die impermanente, unbeständigen Erscheinungen in der Welt für die Realität zu halten und in den ständigen Zyklus der Veränderung gefangen zu sein – der Ursprung alles Leidens ist: “avidya ksetram uttaresam prasupta tanu vicchinna udaranam” – Unwissenheit (avidya) ist die Ursache der genannten Leiden, die ihre Folge sind, und latent, schwach, unterdrückt oder ausgeprägt sein können (2.4.). Auch wenn unser Leiden vielleicht nicht akut sein mag, leiden wir dennoch, wenn uns das spirituelle Wissen fehlt und wir unser Glück und unsere Zufriedenheit an den Errungenschaften und Erfolgen in der externen Welt messen. Von avidya– Unwissenheit, stammen alle anderen Arten des Leidens, welche wie folgt beschrieben werden:
    • “drk darsanasaktyoh ekatmata iva asmita“Ich-Bezogenheit (asmita), ist die Identifikation des Sehenden mit dem Instrument des Sehens (2.6.). Die Instrumente des Sehens sind die Sinnesorgane und der Intellekt (buddhi). Wenn wir uns nur mit dem Wahrgenommenen und dem Verstand identifizieren, dann bilden diese Dinge die Grundlage unserer Identität und daher leiden wir. Vielleicht identifizieren wir uns mit unserem Geschlecht,  sexuellen Präferenz, Kleidung, ethnischen Zugehörigkeit oder mit dem Yoga-Stil, den wir praktizieren. Vielleicht beinhaltet unsere Wahrnehmung von uns selbst, daß wir entweder groß, muskulös, vernünftig, brünett, tätowiert, mitfühlend sind oder daß wir ein Elternteil, ein Yoga-Praktikant und ein Gourmetkoch sind. Diese Qualitäten sind ein großer Teil davon, wie wir uns selbst sehen, und wie uns unsere Lieben und Freunde sehen, und diese zu schätzen und zu geniessen ist für uns ein sehr wichtiger Teil, wie wir uns in der Welt und in der Gesellschaft bewegen. Die Herausforderung, und die Lektion dieser Sutra besteht darin, daß es zwar großartig ist, all diese Aspekte von dir selbst zu schätzen und zu geniessen, aber wenn du dich zu eng mit den veränderlichen Seiten von dir identifizierst, dann, sagt Patanjali, bist du viel leichter ein Opfer für Enttäuschung und Enttäuschung erzeugt Leiden.
    • “sukhâanuasayîrâga”Anziehung (Ragah) ist das, was sich an Vergnügen hängt (2.7.). Wenn wir uns an das hängen, was uns vermeidlich Vergnügen bringt, dann leiden wir. Speziell wenn wir uns “sulen” oder zügellos sind wie zum Beispiel beim Essen, Sex, Einkaufen.
    • “duhkha ânuasaayîdvesah“ Abgneigung (Dvesa) ist das, was Schmerz zu vermeiden versucht (2.8.). Wenn man nur darauft bedacht ist, die Dinge, die vermeindlich schmerzlich sind, zu vermeiden, dann leiden wir. Es ist nicht der Schmerz, der uns leiden lässt, es ist die Identifikation mit einer schmerzlichen Erfahrung und diese vermeiden zu wollen, das Leiden schafft.
    • “svarasavâhîvidusah api thata arudhah abhinivesahFurcht for dem Tod (abinivesha) ist der Wunsch immer zu leben, der selbst im Geist von Weisen verwurzelt ist (2.9.).

Das heißt den Sutren zufolge sind die fünf Arten von Leid: avidya – Unwissenheit, von welcher alles andere Leiden kommt, asmita– Ich-Bezogenheit, raga– Anziehung, dvesah– Abneigung, und abhinivesah– Furcht vor dem Tod..

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